Sicherheitsüberlegungen bei der AIRPOWER 2013 - 10 Fragen an Brigadier Mag. Karl Gruber

Sicherheitsüberlegungen bei der AIRPOWER 2013 - 10 Fragen an Brigadier Mag. Karl Gruber02.05.2013

Brigadier Mag. Karl Gruber

Leiter Teilstab Luft im Streitkräfteführungskommando und Vertreter Österreichs bei der European Air Chief Konferenz. Bgdr Gruber ist für die Einsatzführung der österreichischen Luftstreitkräfte verantwortlich. Er ist weiters Projektleiter der AIRPOWER, der größten Airshow Europas.

Der ausgebildete Hubschrauberpilot Bgdr Gruber leitet darüber hinaus Projektmanagement- und Führungsseminare mit ausgeprägtem Praxisbezug an zivilen Ausbildungseinrichtungen.

  1. Flugschauen, solange sie keine statischen Flugzeugausstellungen sind, stellen kein ungefährliches Unterfangen dar. Weltweit hat es bereits zahlreiche Unglücksfälle gegeben. Wie sehen Sie das Risiko einer Airshow?

    Ein Flugzeugabsturz kann sich auch unter strengen Sicherheitsauflagen ereignen. Es ist aber möglich, die Auswirkungen auf den Zuschauerbereich und die Flugbetriebsflächen durch Vermeidung bestimmter Manöver und durch die Festlegung horizontaler und vertikaler Begrenzungslinien weitestgehend in Grenzen zu halten.

  2. Was sind Ihrer Ansicht nach die Hauptursachen für die zahlreichen Unglücke bei Airshows?

    Wie bei den meisten Flugunfällen ist es eine Frage der Disziplin der Piloten und der Qualität der Programmgestaltung und der Flugverkehrskontrolle.

    Die Flugsicherheit muss oberste Priorität haben. Das Augenmerk der Veranstalter darf nicht in erster Linie auf spektakulären Flugmanövern und den sich daraus vielleicht ergebenden Marketingeffekt liegen. Piloten, die dazu neigen, die Luftverkehrsregeln und behördliche Limits zu verletzen, müssen ausgeschlossen werden.

  3. Die bisher größte Katastrophe bei einer Airshow war das Flugtagunglück in Ramstein (D) im Jahr 1988, bei dem über 70 Menschen zu Tode kamen und rd. 1000 weitere verletzt wurden. Ramstein war Auslöser einer internationalen Diskussion über die Anhebung der Sicherheitsstandards. Es wurden auch internationale Organisationen wie The International Council of Air Shows und The European Airshow Council gegründet, die sich mit Sicherheitsfragen von Flugschauen befassen. Gibt es mittlerweile etablierte und anerkannte Sicherheitsstandards zum Schutz der Zuschauer?

    Ich bin Augenzeuge des Ramsteinunfalles. Damals gab es andere, geringere Sicherheitsstandards für Flugtage. Das Flugmanöver, das den damaligen Zusammenstoß verursacht hat, wäre heute nicht mehr erlaubt. Aber auch die medizinischen Versorgungsmaßnahmen am Boden würden heute anders ablaufen.

    Es gibt mittlerweile international anerkannte Empfehlungen für die Durchführung von Flugshows, die natürlich den jeweils nationalen Sicherheitsvorschriften anzupassen sind. Sie betreffen vor allem den Flugbetrieb. Die Sicherheit am Boden richtet sich nach den nationalen Behördenauflagen.

  4. Welche Sicherheitsstandards sind in Österreich für solche Flugshows üblich?

    Wir haben die international empfohlenen Regeln übernommen und auf Basis der eigenen Erfahrungen verschärft. Für einen Flugplatz im bergigen Gelände wie Zeltweg gibt es darüber hinaus noch besondere Auflagen, welche einzelne Manöver verbieten, die im Flachland möglich sind. Teilnehmende Zivilpiloten müssen sich an unsere militärischen Limits halten. Etwaige niedrigere Limits der zivilen Behörden gelten bei uns nicht.

  5. Je nach Wahrscheinlichkeit und potentiellem Schadenausmaß gibt es größere und kleinere Risiken. Wenn Sie priorisieren würden, wo sehen Sie die größten Risiken einer Flugschau wie der Airpower?

    Bei konsequenter Durchsetzung der strengen Auflagen stellt ein Flugunfall nicht das größte Risiko einer derartigen Veranstaltung dar. Wir beschäftigen uns deshalb sehr intensiv mit der allgemeinen Sicherheit der Besucher im Gelände. Das sind immerhin 150.000 Menschen pro Tag, für die wir die Verantwortung tragen. Sie sind theoretisch auch durch Terroranschläge (Boston-Marathon!) durch Massenpanik (Duisburg) oder aber auch durch meteorologische Phänomene gefährdet: ein plötzliches Gewitter mit Hagelschlag. Da unterscheidet sich die AIRPOWER nicht von anderen Großveranstaltungen. Aber das weitläufige Flugplatzgelände bietet gute Möglichkeiten, durch entsprechende Gestaltung des Zuschauerbereiches zahlreiche Risiken zu vermindern.

  6. Welche Gegenmaßnahmen treffen Sie, um die vorgenannten Risiken nach Möglichkeit zu vermeiden/verringern?

    Es gibt umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen am Boden, auf deren Details hier nicht eingegangen werden kann, um ihre Effektivität nicht zu gefährden. Wir haben ausreichend hoch qualifizierte Wach- und Ordnungskräfte, eine gute Feuerwehr und eine starke Sanitätsorganisation. Ein Massenanfall von mehreren hundert Verletzten wäre bewältigbar. Selbstverständlich haben wir für den Anlassfall das leistungsfähige Führungssystem des Bundesheeres und der zivilen Behörden des Landes Steiermark. Unser Publikum macht es uns aber leicht. Menschen, die zu einer Airshow kommen verhalten sich anders als gewaltbereite Fußballfans oder Besucher eines Rock-Konzerts.

  7. Die Air power 2011 musste fast abgesagt werden, weil sich davor Störche in der Nähe des Flugplatzes niedergelassen haben und das Vogelschlagrisiko dadurch zu groß geworden wäre. Ist das heuer wieder zu befürchten oder könnten Sie präventiv etwas dagegen unternehmen?

    Von einer Absage war nie die Rede. Wir mussten nur Vorkehrungen treffen, die bei Erkennen von Störchen zu einer fallweisen kurzen Programmunterbrechung führen konnten, was defacto auch der Fall war. Vogelschlag stellt aber, wie auch auf den großen Flughäfen, eine ständige Bedrohung dar und beschränkt sich nicht auf die Flugshow. Die Störche, die sich in Zeltweg angesiedelt hatten, sind weniger geworden und wir haben gelernt, auf naturschonende Weise mit der Problematik umzugehen.

  8. Hat es bei einer der letzten Airshows in Zeltweg jemals eine brenzlige Situtation gegeben - wenn ja, welche?

    Es gab Unfälle mit Fallschirmspringern, die die Sicherheit der Besucher aber nie gefährdet haben. Von wirklich kritischen Vorfällen blieben wir bisher verschont. Die präventiven Sicherheitsvorkehrungen werden dennoch bei jedem Flugtag weiterentwickelt und auf Basis der Erfahrungen effektiver gemacht.

  9. Welche Voraussetzungen hat ein Pilot zu erfüllen, der an der AIRPOWER teilnimmt?

    Unsere eigenen Piloten werden auf die Flugvorführungen gezielt vorbereitet, zum Beispiel durch Display-Seminare. Jedes Kunstflugprogramm ist einzureichen und wird durch den Flugsicherheitsoffizier bewertet. Es finden auch praktische Vorführungen im Luftraum über Truppenübungsplätzen statt, die die Streichung oder Anpassung von Manövern zur Folge haben können. Dieselben Standards erwarten wir von den ausländischen Militärpiloten und von Zivilpiloten. Im Zweifelsfall darf nur ein einfaches Programm geflogen werden. Es wird auch nicht jeder Pilot zugelassen. Sollte ein Pilot gegen unsere Regelungen verstoßen, gibt es wie beim Fußball die Gelbe oder die Rote. Wer einmal eine Rote bekam, wird nie wieder bei uns fliegen, und wahrscheinlich auch auf keinem anderen Militärflugtag.

  10. Stellt die AIRPOWER auch ein für andere Zwecke geeignetes Übungsvorhaben dar?

    Durchaus. Die AIRPOWER stellt einerseits eine gute Vorbereitung auf die Zusammenarbeit mit den anderen Luftstreitkräften dar. Es wäre zum Beispiel kein Problem, Zeltweg zum Ausgangspunkt einer multinationalen humanitären Operation zu machen, zum Beispiel zum Transport von Hilfsgütern in einen Krisenraum. Andererseits ist die AIRPOWER eine hervorragende Übung für die Bewältigung von Katastrophen im Zusammenwirken mit den zivilen Behörden. Wir führen dazu eine Reihe von theoretischen Vorübungen, Simulatorübungen und praktischen Übungen durch. Mögliche Anlassfälle werden dabei analysiert und der Ablauf festgelegt.

    Sollte es nach der AIRPOWER zu einer technischen Katastrophe oder einer Naturkatastrophe in der Region kommen, so sind wir auch dafür bestens vorbereitet. Diesen "Übungsanteil" werden wir 2013 besonders intensivieren.